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Rezension "Re: Das Kapital" von Mathias Greffrath (Hsg) - 240 Seiten - Link
Mit dem Sammelband "Re: Das Kapital" gelang Mathias Greffrath im Vorfeld der Jubiläen um Karl Marx und Das Kapital eine stringente und vielschichtige Auseinandersetzung über Kapitalismus und
Gesellschaft heute.
Elf Marx-Kenner vertiefen Themen wie Kooperation, Automation, Widerstand und Entfremdung und auch Entwertung, Mehrwert, Monopole, Stagnation und Gewalt. Dabei fällt einerseits
auf, dass unbedarften Marx-Lesern (wie mich) zentrale Positionen durchaus geläufig sein sollten. Andererseits verblüfft auf beunruhigende Weise, dass sich wesentliche Schlussfolgerungen in
aktuellen Diskussionen kaum finden: Die Gesellschaft und ihre Bürger scheinen dem kapitalistischen Geist der Zeit eklatant hinterherzuhinken und also sich selbst nicht wirklich zu
verstehen.
Mit John Holloway (Thema Widerstand) wird auf leidenschaftliche Weise deutlich, was Marx Reichtum bedeutete. Unter Reichtum verstand er das kreative Schaffen und
Handwerken und die Bedürfnisse und Taten von Menschen, deren Lebenskraft also, durch die eine produktive Verwirklichung in Gemeinschaft möglich ist: Reichtum ist Erfolg unabhängig von seinem Wert
als vergütbare Ware. Dieser Reichtum jenseits des Warencharakters findet heute kaum Wertschätzung, denn jeder ist in Produktionsverhältnisse eingebunden. Kreativität wird möglichst zum Nulltarif
verhandelt, Bedürfnusse werden durch Werbung gesteuert und Willenskraft und Lebensfreude gehen erfolgreich in Konsumhörigkeit auf, ohne dass dies groß reflektiert wird.
Der Reichtum des eigenen Schaffens führt zu Stolz. An ihn erinnerte Marx, als er die Fabrikarbeiter, die zuvor einfache Handwerker und Bauern waren, mit seinem Schlachtruf ´Proletarier der Welt,
vereinigt Euch´ erfolgreich mobilisierte. Es gelang ihm, den Arbeitern klar zu machen, dass es in seinem Projekt nicht nur um ihre Arbeitskraft und ihre Energien ging, sondern um ihr Leben
schlechthin.
Reichtum als kulturelle Kraft ist also Erbe wie Vision. Ideale können das Überleben sichern. Holloway betont mit Marx: "Wenn du die Gesellschaf ändern willst, mußt du den Reichtum von der
Warenform emanzipieren".
Wolfgang Streeck (Thema Gewalt) zeigt, wie die Überführung einer einst naturnah agrarischen Kreislaufwirtschaft in die Spirale permanenten Wachstums verlief: Es begann
in den Fabriken des 19. Jahrhunderts. Durch Arbeitsteilung. Durch sie entstanden die kapitalen Machtverhältnisse. ´Vogelfreie´ Bauern und Handwerker wurden gewaltsam ihrer Zünfte enthoben und in
Industrie- und Fabrikensysteme gezwungen. "Niemand", so Streeck, "wird freiwillig Arbeiter, damit jemand anders Kapitalist werden kann ... Niemand gibt sein Eigentum freiwillig her". Das
Holzdiebstahlgesetz von 1842 ist exemplarisch: Es verbat der Landbevölkerung plötzlich bei Strafe, Brennholz aus im Wald zu sammeln, weil sich Kapitalisten erfolgreich als Besitzer des Waldes
ausgaben.
Der Übergang zur Moderne, so Streeck mit Marx, verlief als brutaler Krieg um Enteignung und Zentralisierung der Produktionsmittel. Die Lebensverhältnisse wurden neu verortet. Marx zufolge
entstand der Kapitalismus als brutaler Klassenkampf: Der Glaube, der Kaptitalismus sei eine Art Naturgesetz, das schon immer wirkte, ist ein naiver Irrtum, dem die Gegenwartsgesellschaft allzu
gerne erliegt. Die Dialektik von Ausbeutung und Profit als Profisystem ist historisch gesehen sehr jung und wenn dies heute nicht im allgemeinen Bewußtsein ist, so erinnert das an das Orwellsche
Diktum des Wahrheitsministeriums, das passend macht, was - heute liberal - passen soll.
Elmar Altvater (Thema Anthropozän) erinnert an den für Marx zentralen Stoffwechsel mit der Natur. Der war vor dem Siegeszug des Kapitalismus zwischen Stadt und Land und
zwischen Produzieren und Verkaufen als Kreislauf weitgehend ausgewogen. Erst der Kapitalismus führte zur brutalen Ausbeutung der Natur. Auch diese Konsequenz ist nicht im allgemeinen Bewußtsein:
Es sind gar nicht mal die bösen Firmen, die der Umwelt schaden, es ist das Kapitalismussystem und die in ihm delegierenden Personen, die hinter den Verwüstungen stecken. Wie ein Monster will es
Zerstörung, bis alles ausgewertet und vernichtet ist. Der Kapitalismus, so Altvater mit Marx, ist der Feind der Natur.
Im Kapitalismus ist die Umwelt also nicht zu retten. Klimaabkommen mögen ambitioniert daherkommen, erst aber wenn die ´imperiale Lebensweise des Kapitalozän´ außer Kraft gesetzt ist, also
absehbar spät, werden Reichtümer auch naturaler Art wieder schützbar sein.
Damit zu Paul Mason (Thema Automation) und dem Gesetz vom tendenziellen Fall der Profitrate heute: Wenn Marx damit den Systemzustand des Kapitalismus meinte, in dem er
nicht mehr fähig ist, seine Arbeiter weiter auszubeuten, ist Stillstand und Zusammenbruch heute umsomehr die Gefahr, als die Welt nun digital gehandelt wird. Informationen und digitale Angebote
sind günstig herstellbar. Informationen aber zersetzen das Preissystem, so Mason, da sie Tauschwert quasi aus dem Nichts generieren. Monopole privatisieren sogar nicht-marktgängige Lebensbereiche
und verwandeln auch unsere Freizeit in ihren Profit, um den Auswertungsprozess künstlich aufrechtzuhalten.
Die wunderbar bunte Welt der gerne börsennotierten Infodealer (Startups) schaffe als Jobkiller ein Präkariat der Bullshit-Jobs, doch auf der Warenangebotsseite Produkte auf dünnem Eis. Für Mason
sind die Digitalmaschinen unvereinbar mit dem Kapitalismus und für Marx waren "Wissen und Kommunikation als Produktionsmittel ein Weg, den Kapitalismus über den Fall der Profitrate in die Luft zu
sprengen".
Wissen, Informationen und die Web-2.0-Versprechungen als Produktionsfaktor hält auch Mathias Greffrath (Thema Mehrwert) - mit Marx - für "Vulgärökonomie":
"Expertenwissen wird in Software verwandelt, als geistiges Eigentum patentiert und erscheint als Eigenschaft des Kapitals" - wie auch früher die Wälder und Wege kapitalisierbar gemacht wurden.
Damit bleiben heute erneut Freiheiten auf der Strecke und Entfremdung und Enteignung steigen weiter.
Als Gipfel des Selbstbetrugs sieht Greffrath die Pläne um das bedingunglose Grundeinkommen. Marx wäre entsetzt, denn Arbeiter wären keine produktiven Mitglieder der Gesellschaft mehr: Der
Verzicht auf gesellschaftliche Teilhabe gefährdet den kollektiven Zusammenhalt und zerstört Identitäten. Arbeit dagegen vereint. Ohne das ´wir´ der Arbeiter hätte es Arbeiteraufstände nie geben
können und auch heute ist die demokratische Kraft in Arbeit verankert. Sie ist ohnehin gefährdet, weil der Arbeiter in globalen Produktionsverhältnissen immer weniger ein politisches Subjekt der
Mitsprache im Lokalen ist.
David Harvey (Thema Entwertung) deutet auf einen weiteren Fallstrick des Kapitalismus: auf das Phänomen des Anti-Werts. Der entsteht, wenn kapitalistische Perfektion ins
Stocken gerät, sei es durch Streiks, Produktionsenpässe oder Krisen. Und vor allem durch Schulden. Der drohende Anti-Wert führt Kapitalisten vor allem in Zeiten, in denen es dem Kapital immer
schwerer fällt, die Wertproduktion auf konventionelle Art zu organisieren, dazu, Schuldner zu generieren: Hausbesitzer erhalten halbseidene Kredite, Studenten müssen auf Pump studieren, Leasing
darf zur Lebensfalle werden. Es geht darum, Bürger fiskal zu binden und sie in zukünftigen Freiheitsgraden einzuschränken. Marx nannte dies moderne Sklaverei. Damit, so Harvey, ist eine Horde
unersättlich gieriger Investoren erfolgreich, die mit ihrem vielen Geld fast jede ernsthafte Opposition aufkaufen können, während sie den Rest der Welt mit schwerverdaulichem Kreditgeld
zwangsernähren.
Schulden werden im öffentlichen Bewußtsein nicht wirklich als schlimm erachtet und Staatsschulden scheinen den Bürgern egal zu sein. Dabei kann das Beispiel Griechenland vor Augen führen, wie
sehr Schulden die Zukunft blockieren: Sie blockieren auch und vor allem die Wertproduktion und also die mögliche Kreativität und den verwirklichbaren Reichtum der Bürger einer Gesellschaft.
Harvey ist schockiert, dass so viele es leichter finden, sich das Ende der Welt vorzustellen als das Ende des Kapitalismus. Das habe damit zu tun, dass die Zukunft der Kapitalakkumulation durch
eine aufgetürmte Masse von Schulden als Anti-Wert verbaut ist und der frohe Blick auf die Zukunft nicht frei wird, selbst wenn das Phänomen der Schulden verdrängt wird.
Zum Glück gibt es die Gesellschaft! Hans Werner Sinn (Thema Stagnation) gesteht, es gebe kein Primat der Politik über die Gesetze der Ökonomie - das Kapital ist nun mal
Taktgeber. Aber ohne Staat geht es auch nicht. Im Gegenteil: "Marktwirtschaft ist keine Anarchie". Sie benötigt neben Arbeitern und Besitzern Regeln. Und die sind täglich neu auszuhandeln. Der
Kapitalismus ist also nichts Statisches, sondern wird, wie Marx es nicht müde war, zu betonen, täglich neu aufgerollt. Das heißt aber auch, dass man eingreifen kann und Grundlegendes ändern
kann.
Wege gibt es viele. Und Gefahren ebenso. Sinn verweist auf der Gefahrenseite auf die ultralockere Geldpolitik, die seit Jahren auf höchster Finanzebene praktiziert wird. Sie droht zur Verkrustung
des Kapitalismus (weil jenseits der Realitätsfinanzierung) und auf dem Wege ausufernder Rettungsaktionen (durch Schuldenstress) direkt in die diktatorische Staatswirtschaft zu führen. Das Mehr
oder Weniger jedweder Entwicklung aber obliegt der Menschenhand der je aktiven Zeitgenossen. Und es war vor allem Marx, der erfolgreiche Wege empfahl. Regiert das Kapital die Welt? Regiert der
Staat die Welt? Regiert der Bürger die Welt? Alles ist möglich.
Im Bewußtsein der Gegenwart wirkt der Kapitalismus wie gottgegeben. Das Aushandeln marktwirtschaftlicher Regeln aber hat man den Bürgern erfolgreich ausgetrieben und im Primat der Politik über
die Gesetze der Ökonomie haben vor allem die großen Volksparteien den Monopolen und Konzernen denkbar große Freibriefe gewährt.
Sarah Wagenknecht (Thema Monopole) erachtet die Marktwirtschaft, den eigentlich zentralen Motor des Kapitalismus, als nicht mehr existent: Marktwirtschaft funktioniert
nicht mehr, wenn Konzerne, Monopole und Kartelle ein buntes Markttreiben nurmehr simulieren und dabei den Trick anwenden, nicht mehr Waren zu produzieren, weil sie gebraucht werden, sondern um
aus Renditegier Mehrwert zu schaffen. "Mit den in der Mainstream-Ökonomie vermittelten Lehrbuchmodellen von offenen Märkten und freiem Wettbewerb haben Konzerne wenig zu tun ... Statt auf
modernere Technologien wird zur Steigerung der Gewinne lieber auf höhere Preise, auf Einsparungen bei Qualität und Service oder auf Scheininnovation gesetzt". Wagenknecht spricht von der
Wegwerfwirtschaft eines Dumping-Kapitalismus.
Die Folgen sind eklatant: Mit Niedrigwettbewerb verschwindet auch der Druck, der die Anbieter zu Innovation und Produktivität ermuntert. Der Kapitalismus wird ideenlos und träge. Dies bedeutet,
dass der in der Gesellschaft schlummernde kreative Reichtum versiegt, zumal sich Monopolisten gerne gegenseitig Neuerfindungen verbieten. Das Kapital sitzt auf seinen Pfründen und unterbindet
Innovation. Die Arbeiter hängen derweil im Innovationstabu an dummen bis klugen Maschinen, Startups in der Knechtschaft ihrer Förderer und der Konsument wird durch lustige Gewinnspiele bei Laune
gehalten.
Ètienne Balibar (Thema Revolutionen) spricht von einer Finanzaristokratie parasitärer Glücksritter in einem System des Schwindels. Zitat Marx: Das Kapitalmonopol ist die
Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise ... Es wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit ihm aufgeblüht ist. Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der
Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt". Diesem O-Ton von Marx zufolge erstickt das System an seiner Hyperperfektion.
Balibar deutet die bei Marx komplex angelegten Entwicklungsmöglichkeiten des Kapitalismus vielschichtig und durchaus hoffnungsfroh. Mit den Totengräbern (den Kapitalisten) könnte die Finanzwelt
durchaus in einer Vereinigung mit Arbeitergenossenschaften fusionieren. Marx sah aber freilich auch die Gefahr einer Diktatur, in der feudale Gewalt durch staatliche Gewalt ersetzt würde. Und
Gewalt als Geburtshelfer eines freien Kommunismus könne auch in freiwilliger Sklaverei in einem totalitären System enden, in dem der Klassenkampf neutralisiert wird.
Von freiwilliger Sklaverei spricht auch Michale Quante (Thema Entfremdung), wenn er die Freiheit im Kapitalismus hinterfragt: "Die Sachen zwingen uns, weil wir ihnen die
Macht gegeben haben, ohne es zu merken". Die heutige Hörigkeit gegenüber Konzernen und Labels wirkt flächendeckend. Man beobachte das Zurschautragen von Markenlogos. Es wird kollektiv
praktiziert. Als wäre irgendetwas cool daran, mit Logos von Marken, die alle tragen, individuelle Selbstbestimmung zu betonen. Die Markenmacht ist ein Zeichen gesellschaftlicher Unterwerfung. -
Möge man sich Haribo ans Hirn tätowieren!
Robert Misik (Thema Kooperation) erkennt Unterdrückung auch in der Gegenrichtung. Der Kapitalismus kerkert kreative Energien ein und kann sie folglich auch nicht mehr
freisetzen. Wider die Entropie empfiehlt er Agitation jenseits von Staat und Macht: dezentrale Miteinanderökonomien und Genossenschaften.
Marx also analysierte das geschichtlich überaus junge System des Kaptitalismus nicht nur wie kaum ein anderer komplex, auch die Probleme einer möglichen Gesellschaftsgesundung
verfolgte er in vielen Richtungen. Umso wichtiger ist, die Thesen erneut abzuwägen und sie mit allen im Staat Aktiven weiterzuentwickeln.
Kollektive Leidenschaft ist wünschenswert. "WIR reklamieren den Inhalt der Geschichte" hatte Friedrich Engels (bei Mathias Greffrath) gejubelt. Dies ist ein starker kollektiver Ansatz der
einstigen Arbeiterbewegung. Er impliziert den Mut, dass eine Gemeinschaft radikale Veränderungen realisieren will und kann. "Wir sind die Bewegung des Reichtums gegen die Ware", so die Vision bei
John Holloway. Und Ètienne Balibar setzt auf eine Kraft, die in der Lage ist, sogar die Finanzwelt und die Arbeitergenossenschaften zusammenzubringen. Man muss sich vor Augen führen, wie stark
die Arbeiterbewegung dereinst war: immerhin wurde der Kaptitalismus in einigen Staaten der Welt durch ein kollektives ´wir´ schon mal ausgeschaltet.
Ist man nun aber Marxist oder Kommunist, wenn man das aktuelle Gesellschaftssystem mit den Thesen von Marx als katastrophal nachvollzieht? Ich meine Nein: Erkenntnisse wider das Kapital können
jenseits von Parteigewichtung oder Ideologie und auch jenseits der von Marx genutzten Begrifflichkeiten die Gemüter erhellen. Ein Blick auf die Welt kann genügen und selbst Liberale vermögen den
Wahn des Kaptitalismus zu durchschauen. Essenzieller ist die Frage, ob man den Wahn will (wie die Liberalen) oder nicht.
Das gesellschaftliche Engagement wirkt heute schlapp und träge. Die soziale Selbstwahrnehmung scheint auf beiden Augen blind zu sein. Man folgt weiter dem Trug, der Kapitalismus bringe von sich
aus Wohlstand für alle hervor (Wolfgang Streeck).
Monopole, Konzerne und Kartelle saugen den gesellschaftlichen Reichtum für elitäre Profite aus, die weniger als einem Prozent der Weltbevölkerung zugute kommen - vorwiegend den Monopolen,
Konzernen und Kartellen selbst. Deren Marketingagenturen schaffen es, dass die heutigen Arbeiter ihre Not gar nicht wahrnehmen: "Mit der beständig abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten wächst die
Masse des Elends" (Marx bei Ètienne Balibar). Dem heutigen Neoliberalismus gelingt wie zu Zeiten von Marx der argumentatorische Trick, dass die Arbeiter in Bullshit-Jobs nicht klagen, weil sie ja
grade so genug zu fressen bekommen - und mit Konsum beschäftigt sind.
Marx stellte in Aussicht, der Kapitalismus würde sich von selbst ins Leere manövrieren. Gesellschaftliches Siechtum ist heute jedenfalls breit gefächert wahrnehmbar: Seit Techno - und zuvor Punk
- gibt es kaum revolutionär neue musikalische Ausdrucksformen mehr, Retro und Stillstand sind auf allzuvielen Gesellschaftsebenen ein Zeichen für Innovationsverslust. Die Gesellschaft scheint
einen Sättigungsgrad ihrer Möglichkeiten nicht überschreiten zu wollen, zu können oder zu dürfen. Start-Ups spielen vorwiegend dem Kapital zu, indem sie wider vorgeblicher Visionen die
Arbeitsverhältnisse nur weiter verschlimmern. Und auch im Internet nichts Neues: Vor zehn Jahren konnte man sich jede Woche bei neuen Tools anmelden, die spielerisch neue Kommunikationswege
erprobten. Jetzt ist mit Facebook, Amazon & Co alles blasengesättigt und im Sozialen visionslos.
Kein Gespenst im Sinne von Marx geht um in Europa und das Jammern ist lasch und verlogen. Gesellschaftskritik wird mit Flüchtlingsfragen und mit Angriffen auf die Medien kompensiert. Das System
selbst aber wird nicht in Frage gestellt. Wer Widerstand ernst meint, müßte alle Aktionen wider das Kapital koordinieren. Auch den Schwarzen Block bei Veranstaltungen und selbst die
Aufmüpfigkeiten von rechts. Denn sogar RTL müßte ein Sprachrohr der Bewegung sein.
Marx forderte schon im Kommunistischen Manifest mehr als Kosmetik am Kapitalismus, er regte zur Revolution mit Folgen auf allen Lebensebenen an: Enteignung des Gundeigentums, Abschaffung des
Erbrechts, Konfiskation des Besitzes, gleicher Arbeitszwang für alle und - dies ist auch heute essentiell aktuell - Erkämpfung der Demokratie. Das alles zusammen ist ein knallharter Plan, härter
geht es kaum, er bedeutet den vorübergehenden Umsturz unseres Gesamtdaseins.
Nur mit dieser Vision aber kann sich die Gegenwart an der Zukunft mit einem starken ´wir´ herantreten, denn nur durch eine brutale Zäsur wird der menschlich wunderbare Reichtum in einer
verantwortungsbewußten Gemeinschaft zu retten sein. Und auch die Natur. Es ist ratsam, Bedingungen und Folgen täglich beim Blick auf die Wirklichkeit durchzudeklinieren und sich darüber mit
anderen Menschen auszutauschen.
Und dann: Wider die Monopole, Konzerne und Kartelle anzugehen braucht es Mut, Ausdauer und vielleicht sogar Waffen. Jedenfalls sei das Buch "Re: Das Kapital" empfohlen, denn es schleift aktuelle
Gesellschaftsnöte an den analytischen Schwertern von Marx. Weiterhin gilt: Menschen aller Länder, zieht die Notbremse und vereinigt Euch wider das Kapital!